Donnerstag, 29. Januar 2015 | News | Blog, Gründernews, Expertennews

Die zehn Gebote für GmbH-Geschäftsführer

Rechtsanwalt Martin Humpf, Rechtsanwalt, Gründungsgesellschafter und Geschäftsführer der AWI TREUHAND Rechtsanwaltsgesellschaft GmbH in Augsburg, sprach beim Gründerabend am 27. Januar 2015 im aiti-Park vor rund 20 Teilnehmern über Haftungsrisiken für GmbH-Geschäftsführer sowie die zehn Gebote der GmbH-Geschäftsführung.

Rechtsanwalt Martin Humpf (Bild: privat)

Rechtsanwalt Martin Humpf (Bild: privat)

Wer entscheidet, kann auch haften
Rechtliche und wirtschaftliche Fehlentscheidungen von GmbH-Geschäftsführern belasten nicht nur die GmbH, sondern können auch zur persönlichen Haftung des Geschäftsführers führen. Der Geschäftsführer haftet dann unbeschränkt mit seinem gesamten privaten Vermögen. Es empfiehlt sich daher für jeden Geschäftsführer, die rechtlichen Haftungsquellen genau zu kennen, um frühzeitig potentiell haftungsrelevante Situationen zu erkennen und rechtssicher durch das richtige Handeln den haftungsauslösenden Fehler und somit die persönliche Haftung zu vermeiden.

Die Rechtsform GmbH - auch alternativ in Verwendung bei der GmbH & Co.KG - genießt in Deutschland ein hohes Ansehen und Vertrauen in Verbraucherkreisen. Statistisch führen alle anderen Rechts-formen (z.B. Aktiengesellschaft) in Deutschland im Vergleich eher ein Nischendasein. Die Popularität verdankt die GmbH einerseits dem Interesse des Unternehmers an einer Haftungsbeschränkung zum Schutz des eigenen Vermögens und andererseits der gegenüber der Rechtsform der Aktiengesellschaft deutlich flexibleren Möglichkeit, durch die Gesellschafterversammlung direkten Einfluss auf die Geschäftsführung zu nehmen. Doch die Beschränkung der Haftung auf das Vermögen der GmbH kommt hierbei nur dem Gesellschafter zu Gute. Der Geschäftsführer hingegen ist einer Vielzahl von gesetzlichen Pflichten ausgesetzt, deren Einhaltung von ihm ohne Beachtung seiner fachlichen Qualifizierung, seiner Erfahrungen und seines Alters unbedingt verlangt wird. Ein Verstoß gegen die ihm obliegenden Pflichten, führt oft direkt zu einem Schadensersatzanspruch.

Das Gesetz und die Rechtsprechung legen dem Geschäftsführer hierbei als Maßstab eine über der  „Sorgfalt des ordentlichen Kaufmanns“ hinausgehende Sorgfalt an, da der Geschäftsführer immer - selbst als „Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer“ - in Ansehung der GmbH-Geschäfte „treuhänderisch fremde Vermögensinteressen“ wahrnimmt. Daher wird die „Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns“ gem. § 43 Abs. 1 GmbHG verstanden als „Sorgfalt, die ein ordentlicher Geschäftsmann in verantwortlich leitender Position bei selbstständiger treuhänderischer Wahrung fremder Vermögensinteressen zu beachten hat.“

Die Klassiker bei der Haftung
Ein Verschulden der Sorgfaltspflicht läge beispielsweise vor, würde Eigentum der Gesellschaft auf Kredit veräußert werden, ohne dass eine vorherige Bonitätsprüfung des Käufers stattgefunden hätte.  Die Auszahlung eines überhöhten Geschäftsführer-Gehalts wird ebenfalls als Verschulden angesehen. Unterlässt ein Geschäftsführer die Durchsetzung eines offensichtlich bestehenden Anspruches gegen einen Gesellschafter, haftet er.

Ein Verschulden liegt auch vor, wenn ein Kalkulationsirrtum bei einem Geschäft zu Lasten der GmbH zu einem Schaden führt. Gleichermaßen betrifft dies die Bezahlung von Rechnungen, ohne die Berechtigung der Forderung vorher geprüft zu haben. Die Zahlung von Schmiergelder zur Erlangung eines Auftrags für die GmbH stellt ebenso ein Verschulden dar (unabhängig davon, ob „unter dem Strich“ das Geschäft vorteilhaft war), wie Wettbewerbsverstöße und Steuerschulden. Auch die jeweils gegebenen branchenspezifischen Pflichten (z.B. genehmigungsrelevante Handlungen oder Unterlassungen) sind in der Person des Geschäftsführers zu beachten.

So mannigfaltig die potentiellen Pflichtenverstöße auch sind, kommt die Inanspruchnahme von Ge-schäftsführern eher selten vor, solange „das Geschäft der GmbH läuft“ und „insgesamt Zufriedenheit mit der Arbeit des Geschäftsführers besteht“. Dies liegt daran, dass die meisten Haftungsansprüche nur von der GmbH als geschädigter Person gelten gemacht werden können.
Ganz anders sieht es im Fall der Insolvenz einer GmbH aus. Denn es ergeben sich hier ab Eintritt einer Krise („drohende Zahlungsunfähigkeit, Überschuldung) zum einen eine Vielzahl von zusätzlichen Haftungsfallen - Auszahlungsverbote § 64 GmbHG und Insolvenzantragspflicht § 15a InsO - für den Geschäftsführer. Zudem ist der „Gegenspieler“ des Geschäftsführers nicht mehr die Gesellschafter-versammlung, sondern der auf die Aufdeckung und Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen spezialisierte Insolvenzverwalter. „Gerät eine Firma auch nur an der Rand einer Krise ist für den Geschäftsführer sofort allerhöchste Vorsicht geboten“, warnt Martin Humpf.

Außenverhältnis ist nicht Innenverhältnis
Ein Geschäftsführer ist im Außenverhältnis gegenüber Dritten unbeschränkt zur Vertretung der GmbH befugt – eine Grenze bildet hier lediglich die eingetragene Gesamtvertretung. Im Innenverhältnis unterliegt der Geschäftsführer jedoch immer Grenzen der Vertretungsbefugnis, welche in der Satzung, der Weisung der Gesellschafterversammlung oder auch im Dienstvertrag enthalten sind. Entsteht nun durch eine Überschreitung dieser Befugnisse ein Schaden, haftet der Geschäftsführer immer.
Die Frage, ob eine Enthaftung durch Ressortaufteilung bei mehreren Geschäftsführern möglich ist, beantwortete Herr Humpf so: „Es gilt der Grundsatz der Allzuständigkeit jedes Geschäftsführers. Eine Ressortaufteilung ändert ohnehin nichts an Insolvenzantragspflicht und den Pflichten zur Kapitalerhaltung. Auch im Übrigen ist Vorsicht geboten. Das Verschulden eines Geschäftsführers für das Handeln eines anderen Geschäftsführers kann sich auch aus der alleinigen Verletzung wechselseitiger Überwachungspflichten oder aus Organisationsverschulden ergeben. Zusammengefasst leiten sich für Martin Humpf die 10 Gebote für GmbH-Geschäftsführer ab, deren Beachtung er allen nahe legte:

  1. Die 10 Gebote für GmbH-Geschäftsführer
  2. 1. Vor Eintragung der GmbH im Handelsregister möglichst niemals bereits die Geschäfte auf-nehmen oder Verbindlichkeiten für die GmbH i.Gr. eingehen.
    2. Vor Übernahme der Geschäftsführung in bestehender GmbH sehr genau die wirtschaftliche Lage ermitteln (z.B.: Unternehmensregister, Darlegung durch Steuerberater der GmbH, etc.)
    3. Vor Übernahme der Geschäftsführung in neu zu gründender GmbH den Businessplan, insbesondere den Liquiditätsplan, prüfen und plausibilisieren.
    4. Nichts ungelesen unterschreiben und immer kritisch sein! Alle Rechtsgeschäfte, welche nicht mit eigenem Sofortwissen beherrschbar sind, genau prüfen, eventuell einen Fachmann des betroffenen Fachgebiets beiziehen.
    5. Die Grenzen der eigenen Befugnisse nach Gesetz (GmbHG), Satzung und Dienstvertrag auswendig lernen und bei der Tätigkeit nie vergessen.
    6. Trotz gesetzlicher Weisungsgebundenheit jede Weisung der Gesellschafterversammlung kritisch prüfen, statt sklavisch auszuführen (insbesondere bei Zuwendungen an Gesellschafter), bei Verlangen eines Handelns, welche die persönliche Strafbarkeit oder Ersatzansprüche Dritter auslösen kann, lieber selbst das GF-Amt niederlegen.   
    7. Immer mit dem Steuerberater des (Fach-)Vertrauens eng zusammenarbeiten.
    8. Jeden kleinen Hinweis auf eine Verschlechterung der Zahlungsfähigkeit sehr ernst nehmen und bei kleinsten Zweifeln rechtlichen Rat über Insolvenzantragspflicht einholen!
    9. Jeden Tag und bei jedem Geschäftsvorgang geistig die „Überschuldungsbilanz“ im Kopf fort-führen und bei kleinsten Zweifeln am Überschuldungsstatus Rat (Überschuldungsbilanz durch Steuerberater) einholen!
    10. Wenn (wirtschaftlich) möglich: Eine D&O-Versicherung abschließen!

  3. Die rege Diskussion zeigte, dass dieses Thema die Teilnehmer stark bewegte und nicht in jedem Fall vor der Übernahme des Geschäftsführeramts Klarheit über die Rechte und Pflichten eines Geschäfts-führers gegeben war.
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  5. Über den Referenten
    Rechtsanwalt Martin Humpf ist Gründungsgesellschafter und Geschäftsführer der AWI TREUHAND Rechtsanwaltsgesellschaft GmbH in Augsburg (Arbeits-, Gesellschafts-, Steuer-, Medizin- und IT-Recht). Er schloss sein Studium der Rechtswissenschaften in Augsburg ab und ist seit 2002 als Rechtsanwalt tätig. 2006 erlangte er die Bezeichnung als Fachanwalt für Arbeitsrecht, im Jahr 2011 die Bezeichnung Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht. Sein langjähriger persönlicher Tä-tigkeitsbereich liegt vorrangig im Bereich des Arbeitsrechts und Dienstrechts der Geschäftsführer, im Bereich der Beratung und Gestaltung von Existenzgründung, Unternehmenskauf und -umstrukturierung sowie der Unternehmensnachfolge. Neben der anwaltlichen Tätigkeit in der AWI TREUHAND Rechtsanwaltsgesellschaft GmbH ist Martin Humpf als Referent zu Rechtsthemen im Bereich des Arbeits- und Gesellschaftsrechts tätig.