Samstag, 30. August 2014 | News | Blog, Gründernews, Expertennews

Wie bestimmt man den Preis für ein Softwareprodukt oder eine Dienstleistung?

Oft ist es das subjektive Empfinden über die Angemessenheit eines Preises im Vergleich zur Qualität des Angebots, das der Antwort zu Grunde liegt. Doch ist das wirklich der richtige Weg, den Preis für ein Produkt zu ermitteln? Unternehmensberater Jochen Trinks im Gespräch:

Unternehmensberater Jochen Trinks

Unternehmensberater Jochen Trinks

Herr Trinks, wie sollte man bei der Preisbildung für ein Produkt vorgehen?
Zunächst sollte man wissen, dass der Preis unterschiedliche Funktionen hat. Beim Verkäufer bestimmt der Preis direkt den Umsatz und damit den Unternehmensgewinn. In der Vertriebsorganisation dient die Vertriebsmarge der Finanzierung und der Wettbewerbsabgrenzung. Beim Kunden geht der Preis für ein Produkt in die Ergebnisrechnung ein und bestimmt damit die Marge des Kundenproduktes. So gesehen, kann ein Preis gar nicht berechnet werden. Richtig ist er, wenn er zum Auftrag führt und Anbieter und Kunde ihre jeweiligen Ziele ausgewogen erreicht haben.

Was muss man bei der Preisbildung noch beachten.
Das jeweilige Produkt muss in den Mittelpunkt der Überlegung stehen. Ohne ein richtiges Produkt ist jede Preisüberlegung zum Scheitern verurteilt! Versuchen Sie unterschiedliche Anwendungsschwerpunkte in Teilmärkten und mit speziell dafür konfektionierten Produkten zu etablieren. Der Preisansatz ermittelt sich dann aus dem Kundennutzen und den darauf basierenden Deckungsbeitragsrechnungen.

Gilt diese Überlegung auch genauso für Software?
Nun hier sollte man eine Strategie der eigenen Wertschöpfung erstellen. Womit und in welcher Größenordnung soll die eigene Wertschöpfung erfolgen, z.B. Lizensierung, Verkauf, Service, Releasepflege, Add-on Produkte etc. Für Individual Software ist eine gründliche Analyse der Kundenanforderung und –situation zwingend notwendig. Darauf ist die Argumentation der Stärken des eigenen Angebotes für den Nutzen des Kunden aufzubauen. Der Preisansatz spiegelt das wider.  Fehler hierbei führen unweigerlich zur Entscheidung auf Basis von Anzahl der Stunden und Stundensatz (EUR/Std). Ihre Stärken und Kompetenzen spielen kaum noch eine Rolle. Im Ergebnis konkurrieren Sie mit Billigstangeboten und haben keine Ertragschancen.

Welche Fehler konnten Sie in Ihrer Tätigkeit als Berater häufig beobachten?
Preise werden noch immer aus dem Bauch gemacht oder auf Basis geplanter Kosten plus Wunschmarge. Häufig wird ein niedrigerer Preis angesetzt, um den Absatz zu unterstützen als Ertragsoptimierung auf Basis der Bewertung von Kundennutzen und Deckungsbeiträgen. Risiken der Finanzierung der Fixkosten werden völlig ignoriert. Nur allzu oft vergleicht man sich mit Mitbewerbern. Um der günstigste Anbieter zu sein und den Markteinstieg zu schaffen, reduziert man seine Preise. Dabei ignorieren Gründer und Einzelunternehmer den Preisprozess, weil sie ihn als nicht notwendig erachten. Das Scheitern ist damit meistens vorprogrammiert.

Und wie sollte man richtiger Weise vorgehen?
Die Basis für den Preisansatz ist in jedem Fall das Produkt, abgestimmt mit seinem Nutzen auf den jeweiligen Markt. Es gibt keinen einheitlichen Preis! Und Preise kann man auch nicht mit einer einzigen Formel berechnen. Sie sind abhängig vom Nutzen des Kunden und dem Wettbewerb im jeweiligen Markt beziehungsweise Marktsegment. Daher ist es auch wichtig den Markt oder die Teilmärkte für das Produkt zu kennen. Lediglich als Grundlage der Preisermittlung dienen Modelrechnungen auf der Basis von Deckungsbeiträgen und Investitionsrechnungen auf Kundenseite. Die wirtschaftliche Auswirkung der Preisentscheidung auf das eigene Unternehmen wird durch eine Ergebnisrechnung über den Lebenszyklus des Produktes ermittelt.

Vielen Dank, Herr Trinks.


Lesen Sie auch unser Interview zum Thema: "Lassen Sie gute Ideen nicht floppen"

Im zweitägigen Workshop "Mit dem richtigen Preis für den Wettbewerb" gerüstet sein am 28.10. und 29.10.2014, von 09:00 Uhr bis 14:00 Uhr im aiti-Park beantwortet Jochen Trinks Ihre Fragen zum Thema Preisfindung.